10 Jahre in der Vertreibung
Fatima* musste 2013, kurz nach Kriegsausbruch in Syrien, ihr Zuhause verlassen. Mehr als 500.000 Menschen, darunter auch der Ehemann von Fatima, haben ihr Leben in diesem Konflikt verloren. Nach 10 Jahren als Vertriebene erinnert sich die 61 Jahre alte Mutter wehmütig an ihr Leben vor dem Krieg.
„Unser Land hat uns alles gegeben, was wir zum Leben brauchten. Wir haben im Sommer damit begonnen, Lebensmittel- und Heizvorräte für den Winter anzulegen. Die Arbeit auf dem Feld hat ausgereicht, um uns glücklich zu machen,“ sagt Fatima. „Vor der Kälte mussten wir keine Angst haben.“
Kampf ums Überleben
Nachdem sie ein Jahrzehnt lang auf der Suche nach Sicherheit durch die Provinz Idleb ziehen mussten, fanden Fatima und ihre Familie schließlich Zuflucht im Flüchtlingslager Abad nahe der türkisch-syrischen Grenze. Seitdem sie 2012 ihren Mann verloren hatte, musste sich Fatima alleine um ihre Kinder kümmern. Es war eine ständige Herausforderung, Essen für ihre Kinder, einen Sohn und eine Tochter, bereitzustellen.
„Plötzlich war ich die einzige Ernährerin für eine Familie, die ihr Oberhaupt verloren hatte. Es war eine große Herausforderung, Arbeit zu finden,“ sagt Fatima.
Sowohl der Sohn als auch die Tochter von Fatima haben Arbeit gesucht, um ihre Mutter dabei zu unterstützen, über die Runden zu kommen. Allerdings sind die Möglichkeiten auf ein stabiles Einkommen rar gesät. „Mein Sohn erhält für seine Arbeit als Portier ein Gehalt von 35 Lira (etwa 1€) pro Tag. Meine Tochter erntet Pistazien und Gemüse und erhält dafür 5 Lira (etwa 20ct) pro Stunde – ein Wassertank kostet 70 Lira (etwa 2€),“ erklärt Fatima.
Die Winter sind rau, unser Zelt ist abgenutzt und die Kälte fährt mir in meine müden Knochen.
Angesichts der täglich steigenden Kosten bereitet der einsetzende Winter Fatima große Sorgen. Viele Monate hat sie verzweifelt damit verbracht, ihrer Familie ein Überleben während der kalten Winternächte möglich zu machen. „Die Sorge, wie ich unsere Heizbedürfnisse erfüllen kann, hat mich enorm belastet. Die Winter in dieser Region sind rau, unser Zelt ist abgenutzt und die Kälte fährt mir in meine müden Knochen,“ sagt sie.
Während sie sich mit der Heizung beschäftigte, musste die Familie in anderen Bereichen Abstriche machen. „Aufgrund dieser Angst konnten wir uns nichts kaufen, wonach wir uns sehnten, zum Beispiel Gemüse oder neue Kleidung. Wir konnten nur Brot und Bulgurweizen kaufen, um unseren Hunger zu stillen. Unser Geld sparten wir für Feuerholz und getrockneten Tierdung - das billigste hier verfügbare Heiz- und Kochmaterial.“
Finanziert von der humanitären Hilfe der EU erhalten Fatima und ihre Familie in diesem Winter zum Glück lebensrettende finanzielle Unterstützung. Die Teams von GOAL unterstützen in Nordwestsyrien über 15.000 Haushalte mit direkter Bargeldhilfe. Müttern wie Fatima wird es ermöglicht, die Bedürfnisse ihrer Familien an die erste Stelle zu setzen - sie können Lebensmittel, Kochausrüstung, Kleidung und Medizin kaufen, um die kommenden kalten Monate zu überleben.
Ich bin sehr dankbar. Wir hoffen, diese Unterstützung auch weiterhin zu erhalten, da wir ohne sie der Kälte schutzlos ausgeliefert sind.
„Ich bin sehr dankbar,“ sagt Fatima. „Die Winterhilfe wärmte uns, noch bevor die Kälte uns erreichen konnte. Sie gab mir Sicherheit und beruhigte mich. Weil die Kosten für Heizmaterial nun gedeckt sind, konnte ich das erste Mal seit Jahren warme Klamotten für meine Kinder kaufen,“ fügte sie hinzu.
Fatima ist glücklich, weil das von ihr gekaufte Heizmaterial ihr etwas Sicherheit gebracht hat und nun ihr Zelt wärmt. Aber wenngleich sich ihre Familien nun um einen Ofen versammeln kann, bereitet die Zukunft ihr weiterhin Sorgen. Während die Preise weiter ansteigen und sich die Not in Nordwestsyrien verschärft, wird es zugleich immer schwieriger, Arbeit zu finden. Darum sind die Familien noch mehr auf humanitäre Hilfe angewiesen. „Wir hoffen, diese Unterstützung auch weiterhin zu erhalten, da wir ohne sie der Kälte schutzlos ausgeliefert sind,“ schließt Fatima ab.
*Um ihre Identität zu schützen, sind die Namen von Fatima und ihrer Familie geändert.
GOAL in Syrien
Der seit über einem Jahrzehnt andauernde Konflikt hat mehr als 6,8 Millionen Syrer zu Binnenflüchtlingen gemacht. In Syrien sind 70% aller Menschen fürs tägliche Überleben auf humanitäre Hilfe und Unterstützung angewiesen.
Seit Beginn der Auseinandersetzungen im Jahr 2012 haben die Teams von GOAL Hilfe vor Ort in Syrien geleistet. Im vergangenen Jahr konnten mit dem Nothilfeprogramm von GOAL mehr als 287.000 kürzlich vertriebene Menschen mit Lebensmitteln, Kochausrüstung und Finanzhilfen unterstützt werden. Nachdem die Techniker von GOAL die beschädigte
Wasserversorgungsinfrastruktur reparieren konnten, haben über 1,1 Million Menschen nun in ihrem Zuhause Zugang zu sauberem Trinkwasser. Weitere 430.000 Menschen in Nordwest-Syrien konnten von GOALs Bäckereiprogramm profitieren.